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2007

Bremer Möbel-Restaurator

(Club Magazin, 12.2007, von Sigrid Schuer)

„Die Geschichte des Möbels muss mitgedacht werden“
Der Bremer Restaurator Roger Kossann lässt mit seinem Experten-Team in Deutschland und Europa antike Möbel in ihrem alten Glanz erstrahlen

Maria und Joseph haben gerade noch rechtzeitig vor Weihnachten eine neue Herberge gefunden. In der Restauratoren-Werkstatt von Roger Kossann. Dort liegt das elfenbeinfarbig gefasste Relief aus Holz und muss nun vorsichtig per Wattebausch gereinigt werden. Der Esel, auf dem Maria mit dem Jesuskind reitet, ist noch in einem ganz passablen Zustand. Aber die Nasen des heiligen Eltern-Paares haben doch arg gelitten. Ein Fall für Nicole Thörner. Die Diplomrestauratorin arbeitete mit ihrem Chef Roger Kossann im Sommer 2007 auch an der Intarsienwand im Blauen Saal des Club zu Bremen. Das von dem Worpsweder Künstler Hans-Georg Müller im Jahre 1971 angefertigte Kunstwerk aus Nussbaum, Palisander, Ebenholz und Ahorn musste gereinigt und retuschiert werden. „Der Schmutzschleier zieht Feuchtigkeit an. Das ist dann ein idealer Ansiedlungsort für Mikro-Organismen“, erläutert Nicole Thörner. Bevor also die aus Edelhölzern gefertigten Himmelskörper und Sternbilde Holzwurm & Co. zum Opfer fielen, war dringender  Handlungsbedarf geboten.

„Wir müssen immer die Geschichte des Möbels mitdenken. Bei unserer Tätigkeit ist es enorm wichtig, dass wir nicht überstürzt handeln, sondern vor jeder Maßnahme lieber zwei bis drei Mal nachdenken. Oberste Maxime ist für uns, so viel wie möglich Substanz des Originals zu erhalten“, sagen die Restauratoren. „Jedes Möbelstück ist anders. Es gibt keine Standardlösungen, sondern nur individuelle Ansätze. Dafür müssen wir immer offen sein.“ Und Kossann fügt hinzu: „Der Restaurator ist niemals kreativ am Objekt, muss aber in der Lage sein, die Kreativität des Erbauers nachzuvollziehen. Einfühlungsvermögen, naturwissenschaftliche und kunstgeschichtliche Grundlagen sowie die traditionellen Arbeitsweisen des Erbauers müssen beherrscht werden.“ Er gründete seine Restaurierungswerkstatt 1982 und ist mit seinem Experten-Team in ganz Deutschland tätig. Im Haus Schütting, im Rathaus und für die Roseliussammlung wurden bereits restauratorische Maßnahmen durchgeführt. Aber auch im Auftrag des Auswärtigen Amtes restaurierte Roger Kossann diverse Möbel des Welfenprinzen Ernst-August von Hannover aus dem Schloss Marienburg. Die antiken Möbel wurden für die Botschaftseinrichtung der Bundesrepublik in London entliehen. Ebenfalls im Auftrag des Auswärtigen Amtes wurden 18 vergoldete anderthalb Meter große Wandleuchter aus dem 18. Jahrhundert restauriert und konserviert. „Das Huis Schuylenbruch, Amtssitz des Deutschen Botschafters in der niederländischen Hauptstadt Den Haag ist ein Gesamtkunstwerk, daher musste ich mir das Umfeld erstmal ansehen, in dem die Leuchter sich befinden“, erzählt der Restaurator.

Für das Morgenstern-Museum in Bremerhaven wurde ein trutziger Biedermeier-Schreibschrank aus dem Besitz von Bürgermeister Smidt restauriert. Aber Kossann ist auch als Gutachter tätig. So erhielt er von der Residenz der Deutschen Botschaft in Den Haag den Auftrag, als Grundlage einer Ausschreibung für Restaurierungsmaßnahmen für 450 Möbel eine Bestandsaufnahme und Zustandsbeschreibung anzufertigen. Wenn man die Werkstatt an der Stader Straße betritt, hüpft Buster, ein braunweißer, einjähriger Springer-Spaniel aus seinem Körbchen und begrüßt den Besucher freundlich wedelnd. „Das ist unser Werkstatt- Hund“, lacht Nicole Thörner. An den Wänden hängen feinsäuberlich auf Samt drapierte, in Holz gerahmt dekorative Originalbeschläge und Nachbildungen. Filigrane Muster kontrastieren mit einem vergoldeten Löwenkopf. „Anhand der Beschläge kann man oft die Qualität eines Möbels ablesen“, so die Diplom-Restauratorin. An der Wand gegenüber hängen die so genannten Beizmuster, neben verschiedenen Holztönen umfasst die Palette klare Töne wie leuchtendes Gelb, Orange, Rot und Grün. „Davon wird jeweils nur ein Tropfen mit einer kleinen Spritze vorsichtig zu den Holztönen gemischt“, erläutert sie. „Die Beizen, die wir verwenden sind zwar industriell gefertigt, haben aber keine chemische Basis. So laufen wir nicht Gefahr, dass es eine chemische Reaktion bzw. Veränderung im Holz gibt“, sagt Nicole Thörner. Rechts darunter sind Gläser mit verschiedenen Pigmenten angeordnet, wie glänzendes Gold in Pulverform. In Bindemitteln gelöst werden die Pigmente für sogenannte Retuschen, farbliche Angleichungen von Fehlstellen verwendet.

„Man wächst mit den Anforderungen. Die Kunst der Möbelrestaurierung lässt sich ohne weiteres mit der eines Gemälderestaurators vergleichen. In beiden Metiers braucht man die Sensibilität, sich in die jeweilige Entstehungszeit hinein versetzen zu können“, bilanziert die gelernte Tischlerin, die in Hildesheim in neun Semestern ihr Metier studierte und sich zuvor den letzten Schliff bei einem einjährigen Praktikum in Roger Kossanns Werkstatt holte. Um überhaupt einen der heiß begehrten Studienplätze zu ergattern, muss der Aspirant bei Aufnahmetests chemische, physikalische, kunstgeschichtliche und zeichnerische Kenntnisse nachweisen. Den Studiengang gibt es allerdings erst seit 20 Jahren. Kossann selbst arbeitete zunächst seit 1977 bei einem Kunsthändler mit angegliederter Restauratorenwerkstatt. Bis 1982 waren zudem von ihm restaurierte Möbel auf Kunst- und Antiquitätenmessen in Köln, Düsseldorf, Hannover und München zu finden. Er war federführend im Deutschen Verband freiberuflicher Restauratoren tätig und ist zudem rege als Seminarleiter aktiv. Unter dem Regal mit den Pigmenten werden in anderen Gläsern Haut- und Knochenleime aufbewahrt. Bei der Verwendung ganz normalen Tischlerleims könnte es zu irreversiblen Reaktionen kommen. „Wir arbeiten mit historischen Materialien. So lässt sich Knochenleim ohne weiteres wieder ablösen“, erläutert Thörner und weist auf einen Kupfertopf, in dem der Leim erwärmt wird. Der Blick fällt auf spezielle japanische Sägen, die ein sehr feines Arbeiten ermöglichen und so genannte Stecheisen in allen Formen und Größen, die zur Holzbearbeitung verwendet werden.  Oder auf die stattliche Anzahl antiquierter Profilhobel, die Roger Kossann über die Jahre hinweg zusammen gesammelt hat. In seiner umfangreichen Bibliothek steht zudem so manches antiquiertes, in Pergament eingeschlagenes Stil- und Rezeptbuch, das Geheimnisse der historischen Tischlerkunst birgt. Im Eingangsbereich, gleich unter den Originalbeschlägen, steht ein Traum von einem in cremefarbenem Streifen- Design gepolsterten  Biedermeiersofa, dessen Intarsien aber vom Sonnenlicht ausgeblichen sind. Wenn es bei Kossann restauriert wurde, werden die zarten, hellen Intarsien wieder ein reizvolles Spiel mit dem lebhaften Maserbild des Nussbaums eingehen. Daneben sind zwei aus großen Stämmen des wertvollen Cuba-Mahagonys gefertigte Tisch-Platten platziert, die bei Kossann wieder auf Hochglanz gebracht werden. „Das ist eine ganz schöne Knochenarbeit“, bilanziert Nicole Thörner. Rund 50 Schichten, die mit Kraftaufwand und einem so genannten mit Ethanol und Schellack gebundenen Bimsmehl-Ballen in die Holzporen eingerieben werden müssen, sind notwendig, damit die Struktur und Textur des Holzes wieder lebendig wird. Mit einer abschließenden Schellack-Politur werden dann die Poren geschlossen. „Das sieht am Schluss fast so dreidimensional aus, dass es einen anspringt“, so Thörner. Die Arbeit lohnt sich also, zumal es solch kostbares Holz wie das, aus dem die Tische Ende des 18. Jahrhunderts im englischen Stil gefertigt wurden, heute nicht mehr gibt.

Ein Bericht im Clubmagazin des Club zu Bremen, Seite 24 -29.

(Abb.: Clubmagazin) von rechts nach links: Hans-Georg Müller Intarsienkünstler aus Wopswede, Dipl. Restauratorin Karen Melching und Restaurator Roger Kossann

Bericht als PDF-Datei:
Clubmagazin_12.2007

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